#metoo und das Thema der sexuellen Belästigung ist seit geraumer Zeit in den Medien präsent und wird auch immer offener in der Arbeitswelt besprochen. Seither trauen sich immer mehr Opfer, ihren Fall aufzuzeigen. Wie kann man als Arbeitgeber auf Fälle sexueller Belästigung und Diskriminierung reagieren – und vor allem: wie kann man vorbeugen?
Mag. Erwin Fuchs, Legal Counsel ManpowerGroup Österreich und selbständiger Rechtsanwalt (Northcote.Recht), erklärt, welches Verhalten als sexuelle Belästigung einzustufen ist und welche Maßnahmen Unternehmen vorbeugend treffen können, damit Mitarbeiter geschützt werden.
Was sind sexuelle Belästigung und Diskriminierung überhaupt?
Sexuelle Belästigung liegt nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt. Derlei Verhalten ist für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig und schafft eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat sich in 9 ObA 18/08z ausführlich dazu geäußert, welches Verhalten als sexuelle Belästigung einzustufen ist: Die Erscheinungsformen reichen vom Erzählen freizügiger Witze, anzüglichen, sei es auch in „Komplimente“ verpackte, Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten im Privatleben, unerwünschten Einladungen mit eindeutiger Absicht, „zufälligen“ Körperberührungen, Po-Kneifen, aufgedrängten Küssen, dem Versprechen beruflicher Vorteile bei „sexueller Willigkeit“, der Androhung beruflicher Nachteile bei sexueller Verweigerung bis hin zu strafrechtliche relevantem Verhalten.
Was bedeutet Diskriminierung?
Diskriminierung liegt vor, wenn jemand auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis unmittelbar oder mittelbar diskriminiert wird.
Maßnahmen des Arbeitgebers/des Unternehmens bei sexueller Belästigung
Der Arbeitgeber ist zur unverzüglichen Abhilfe verpflichtet – vorausgesetzt er kannte den Fall oder musste davon Kenntnis haben. Als Arbeitgeber hat man angemessen Abhilfe zu schaffen. Angemessen bedeutet, die Abhilfemaßnahmen müssen geeignet sein, das Opfer vor weiteren Übergriffen wirksam zu schützen. Dies kann von einer Verwarnung, über die Versetzung (beachte hierbei den Versetzungsschutz), bis hin zur Kündigung oder Entlassung reichen. Welches Mittel zur Anwendung kommt, muss im Einzelfall entschieden werden. Es kommt dabei vor allem auf die Schwere des Übergriffes an. Das bedeutet, dass sogar ein einmaliger Übergriff eine Entlassung rechtfertigen kann.
Die richtigen Umgangsformen einhalten
Zu empfehlen ist, im Unternehmen Rahmenbedingungen zu schaffen, die Belästigungen und Diskriminierungen reduzieren: Einfachstes Mittel ist ein höflicher, achtungsvoller, menschenwürdiger Umgangston. Dies kann in Betrieben mit Betriebsrat durch eine Betriebsvereinbarung oder wenn kein Betriebsrat besteht, durch Weisungen oder Richtlinien, zu Neudeutsch „Policies“, erfolgen (etwa „codes of conduct“). Darin kann geregelt werden, welche Umgangsformen akzeptiert werden, was nicht mehr akzeptabel ist und welche Konsequenzen den Belästigern drohen.
Ansprechstelle für Opfer
Weiters wird empfohlen, eine Ansprechstelle für Opfer einzurichten. Das kann ein Betriebsratsmitglied oder ein Mitarbeiter der Personalabteilung sein. Wichtig ist, sobald derartige Vorwürfe auftauchen, den Sachverhalt unverzüglich und vollständig aufzuklären, um in weiterer Folge die richtigen arbeitsrechtlichen Maßnahmen treffen zu können. Den sogenannten „War for Talents“ wird zukünftig nur der Arbeitgeber für sich entscheiden können, der seine eigenen Mitarbeiter würdevoll und angemessen behandelt.
Hier finden Sie den Experis Betriebsrat.
Mag. Fuchs klärt in weiteren Blogbeiträgen über arbeitsrechtliche Themen auf: